Sie werden sofort bemerken, dass der Rathausplatz von Assisi eine ungewöhnliche Form hat: Er ist lang und schmal und wirkt eher wie eine Verlängerung der Straße − als Verbindung zwischen den Basiliken der Heiligen Klara und des Heiligen Franziskus − als das Zentrum des politischen und öffentlichen Lebens von Assisi.
In den mittelalterlichen italienischen Städten befanden sich auf dem Marktplatz die wichtigsten Gebäude. Auch in diesem Fall gehen sie tatsächlich auf das Mittelalter zurück. Es handelt sich um eben jene Bauten, die Sie entweder bereits gesehen haben oder bald in Giottos Fresko „Die Huldigung eines einfachen Mannes“ in der Basilika des Heiligen Franziskus sehen werden!
Das Gebäude links vom Turm ist der Palazzo del Capitano del Popolo (der Palast des Volkshauptmannes), der von den Bürgern mit der Aufgabe gewählt wurde, eine bewaffnete Wache zu halten, den Bürgern Waffen zu liefern und die Ordnung in den politischen Kämpfen zwischen den verschiedenen Fraktionen aufrechtzuerhalten. Es wurde Ende des 13. Jahrhunderts, zur Zeit von Giotto, erbaut, weist aber einige Unterschiede zum Fresko auf. Heute haben beispielsweise die Fenster ihre kostbare Dekoration mit den kleinen Säulen verloren, während dem obersten Stockwerk Zinnen hinzugefügt wurden, die auf eine etwas zu umfassende Restaurierung im 20. Jahrhundert zurückgehen, die dem Gebäude eine mittelalterlichere Ausstrahlung verleihen wollte. Daneben steht der 47 Meter hohe Torre del Popolo, der Volksturm, flankiert vom Minerva-Tempel, über den ich gleich sprechen werde.
Auf der gegenüberliegenden Seite tragen mächtige Bögen die kompakte Struktur des Palazzo dei Priori aus dem 14. Jahrhundert, d.h. des Regierungspalastes, der ebenfalls durch Restaurierungen − auch hier wurden die Zinnen hinzugefügt − grundlegend verändert wurde. Es ist bemerkenswert, wie Restaurierungen ein altes Denkmal manchmal verändern können, indem sie es mit zu viel Arroganz behandeln, geradeso als ob es Teil eines Filmsets wäre!
Und noch eine Kuriosität: Am Fuße des Torre del Popolo befindet sich eine Inschrift mit einigen Ziegeln und roten Fliesen: Dabei handelt es sich um die offiziellen Maße mit Länge und Stärke, auf die sich alle beziehen mussten, um sie herzustellen und zu verkaufen. Daneben sind drei Eisenstangen zu sehen, die die Maßeinheiten für Wolle, Seide und Leinen waren. Es ist interessant zu wissen, dass die Gemeindeverwaltung auch den Verkauf von Waren regelte, sogar im Hinblick auf Gerüche und Lärm!