Der Palazzo delle Paure, zu Deutsch „der Palast des Schreckens“, hat trotz seines unheimlichen Namens nichts Unheimliches an sich, ebenso wenig wie die Ereignisse rund um seine Geschichte.
In Wahrheit war er schon immer ein öffentliches Bürogebäude und sein Name geht auf einen Spitznamen zurück, den ihm die Einwohner von Lecco gaben, weil hier bis 1964 die Steuern bezahlt wurden.
Das heutige Gebäude ist das Ergebnis einer umfassenden Restaurierung, die um 2008 begonnen und 2012 mit der Öffnung der Ausstellungsräume für die Öffentlichkeit zum Abschluss gebracht wurde.
Das ursprünglich 1905 erbaute Gebäude wurde 1916 abgerissen und in seinem heutigen Stil wieder aufgebaut, den man als mittelalterlichen Eklektizismus bezeichnen kann. Der eklektische Stil ist eine Mischung aus verschiedenen Stilen, die sogar aus verschiedenen Epochen stammen. Dies zeigt sich in dem grauen Streifen aus Steinquadern, der das Erdgeschoss prägt und im Kontrast zu den glatten Wänden der oberen Etagen steht. Besonders bemerkenswert sind der Turm, der erst 1926 erbaut wurde und mit einem Wappen der historischen Familie Visconti geschmückt ist, das aus einem anderen Prachtbau geborgen wurde, sowie die Verzierungen, die an mittelalterliche Zinnen erinnern.
Im Inneren befinden sich temporäre und permanente Ausstellungen und ein echtes Highlight für Bergliebhaber: das Osservatorio Alpinistico Lecchese, das die Geschichte des Bergsteigens und der Bergsteiger in der Region anhand von historischen Exponaten, Filmen, interaktiven Bildschirmen und sogar einer Kletterwand erzählt.
Unter den Werken wichtiger lokaler und italienischer Künstler in der Dauerausstellung möchte ich Sie auf eine Skulptur von Giorgio Pomodoro aufmerksam machen, einem der international bekanntesten abstrakten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um das „Modello per Dioscuro“ (zu Deutsch: Modell für Dioskuren), das zwischen 1975 und 1999 aus schwarzem belgischem Marmor gefertigt wurde. Er ließ sich dabei vom Mythos der Brüder Castor und Pollux, Söhne des Zeus, inspirieren, die unter dem Namen Dioskuren bekannt sind.
Ich verabschiede mich mit folgender Kuriosität von Ihnen: Kennen Sie die Ragni di Lecco (die Spinnen von Lecco)? Es sind keine niedlichen Spinnentiere, sondern Mitglieder des wichtigsten Bergsteigerclubs von Lecco. Man erkennt sie daran, dass sie einen roten Pullover mit einem Spinnensymbol tragen. Zu ihnen gehörte einer der größten Bergsteiger aller Zeiten, Riccardo Cassin, der einige der höchsten Gipfel der Welt erklommen hat. Seine Geschichte und vieles mehr können Sie in dem dem Alpinismus gewidmeten Museum in der obersten Etage des Palazzo delle Paure entdecken.
