Und endlich steht er also vor Ihnen, der David, das Symbol der Exzellenz des Helden, eine Ikone der Schönheit und menschlicher Vollkommenheit, ein universelles Symbol für körperliche und geistige Stärke; hier steht der Riese in all seiner Pracht und Majestät unter dem großen Oberlicht der Tribüne. Ob Sie nun die Galleria dell’Accademia zum ersten Mal besuchen oder schon einmal hier gewesen sind, tut nichts zur Sache. Der Anblick der berühmtesten Skulptur der westlichen Kunstgeschichte ist immer ein atemberaubendes Erlebnis!
Die Umstände, unter denen der David entstanden ist, konnten kaum eine solche Berühmtheit vorausahnen lassen. Die Durchführung einer Kolossalfigur für das Äußere des Doms von Florenz erwies sich im Sommer 1501 von Anfang an als ein beinahe hoffnungsloses Unterfangen. Die über 4 Meter hohe und 5 Tonnen schwere Statue musste aus einem Marmorblock gehauen werden, der in der Vergangenheit bereits von zwei Bildhauern schlecht bearbeitet worden war, die dann gezwungen waren, das Projekt wegen der geringen Tiefe des Blockes und der schlechten Qualität des Marmors aufzugeben. Trotz der Schwierigkeiten zögerte der damals sechsundzwanzigjährige Michelangelo nicht, die Herausforderung anzunehmen, denn er war sich des Prestiges bewusst, den ihm ein solcher Auftrag im Erfolgsfall garantieren würde.
Neben seinem außergewöhnlichen technischen Geschick, das sich in der wirkungsvollen Modellierung des Körpers und den überraschenden Hell-Dunkel-Effekten zeigt, bewies der toskanische Künstler bedeutende Fähigkeiten in der Art, den Helden darzustellen. Wie ich Ihnen schon erklärte, ist die Persönlichkeit Davids in der Tradition der Stadt tief verwurzelt, denn er symbolisiert die Stärke der kleinen Florentiner Republik, aber wieder einmal vermeidet Michelangelo die Wiederholung bereits etablierter Muster. Im Gegensatz zu denen von Donatello und Verrocchios aus Bronze präsentiert sich der David von Michelangelo nicht nach, sondern unmittelbar vor dem Kampf gegen den Riesen Goliath. Seine einzigen Waffen sind seine Schleuder in seiner linken und der Stein in seiner rechten Hand, aber vor allem seine Entschlossenheit und der Mut, womit er dem Führer der Philister entgegenzutreten gedenkt. Die Muskeln des Körpers machen seine physische Kraft deutlich und das Stirnrunzeln drückt eine starke mentale Konzentration aus.
Unter den vielen Kunstwerken, die im Laufe der Zeit wegen ihres symbolischen Werts angegriffen wurden, blieb auch der David nicht verschont, der im Jahr 1991 riskierte, die Zehenspitze des linken Fußes zu verlieren, weil ein Verrückter ihn mit einem Hammer bearbeitete.
NEBENBEI: Stellen Sie sich vor, als Michelangelo im Hof des Dommuseums mit der Arbeit am David begann, war das Interesse rund um das Werk bereits so groß, dass er sich einen Bretterzaun darum herum baute, um nicht gestört zu werden!