Sind Sie bereit, diesen Film in neun Szenen zu sehen? Beginnen wir also mit dem Prolog, in dem der König der Bretagne, der Vater von Ursula, die Botschafter empfängt, die den Heiratsantrag von Etereo, dem Kronprinzen von England überbringen. Wie eine Bühnenproduktion ist diese Szene in drei Teile unterteilt: Eine Veranda auf der linken Seite, der Thronsaal mit einem ruhigen Blick auf die Lagune und schließlich das Schlafzimmer der Ursula, wo der Vater geduldig zuhört, während die Prinzessin ihm mitteilt, sie werde der Hochzeit zustimmen, unter der Bedingung, dass der zukünftige Bräutigam sich zum Christentum bekehre. Außerhalb des Zimmers sitzt eine alte Frau: Vielleicht die Amme, die Ursula aufwachsen gesehen hat und die erkennt, dass das Mädchen eine Frau von eisernem Willen geworden ist.
Nun gehen Sie zum nächsten Bild: Der Abschied der englischen Gesandten. Die Republik Venedig war berühmt für die hervorragende Organisation ihrer Außenpolitik und dieses spektakuläre Bild entführt Sie in eine Kanzlei, in der alle Gesten und Haltungen auf einer präzisen diplomatischen Etikette beruhten. Mit einer perfekten Dosierung des Lichts zeigt Ihnen Carpaccio jedes Detail an der Kleidung und den Möbeln. Unvergesslich ist die Abbildung des großen Messing-Kronleuchters, der in der Mitte des Raumes hängt.
Nun gehen Sie zum nächsten Bild: Rückkehr der Gesandten. Mit geschickter Erzählkunst sehen Sie nach der Szene im Innern des diplomatischen Amtes eine weiträumige Episode im Freien. Das Schiff, das sie gerade verlassen haben, ist auf der linken Seite an einer Mole vertäut, die dem Arsenal von Venedig sehr ähnlich sieht. Die Schritte der Boten, unterbrochen von den rituellen Verbeugungen, werden von einer Zuschauermenge auf der Mole beobachtet. Beachten Sie den humoristischen Anklang in Form eines verkleideten Äffchens, das auf der Treppe des königlichen Pavillons ein majestätisches Perlhuhn neckt.
Im nächsten Bild können Sie die spannendste Szene der gesamten Erzählung sehen: die Begegnung und Abfahrt des Brautpaars. Die breite Episode wird von der Fahne in der Mitte in zwei Teile geteilt. Auch hier gelingt es Carpaccio sehr gut, die Fantasie mit realen Elementen, wie den vielen berühmten Persönlichkeiten der Epoche in Venedig, zu vermengen.
NEBENBEI: Wussten Sie, dass Carpaccio ein hochgebildeter Mann war? Er kannte sich in Archäologie, Druck, griechischer und hebräischer Literatur aus und war sogar in der Musik bewandert! In einigen Werken malte er sogar Musikpartituren. Er war ein echtes Universalgenie!