Das wunderschöne Grabrelief von Salamis geht auf 430 v. Chr. zurück. Die Griechen hatten eine konkrete Vorstellung vom Totenreich, dass sie allgemein als freudlose, düstere Ruhestatt empfanden. Um den Verstorbenen das Dasein zu erleichtern, existierte ein Totenkult und der Moment des Abschieds wurde mit sehr bewegenden Bildern dargestellt.
Leider existiert das Relief nur noch in Fragmenten. Es lohnt sich dennoch, es genauer zu betrachten.
Bei dem Verstorbenen handelt es sich um einen jungen Mann, der stehend mit einem schönen, idealisierten Gesicht und nacktem Oberkörper dargestellt ist. In seiner linken seitlich der Hüfte herabhängenden Hand hält er einen kleinen Vogel, während er die rechte nach einem Käfig ausstreckt und dabei eine Katze mit dem Ellbogen berührt, von der leider der Kopf fehlt. Vielleicht wollte der junge Mann, der den Vogel offensichtlich sehr liebte, ihn aus dem Käfig befreien, um ihn vor der Katze zu schützen. Unter der Katze können Sie einen weiteren hübschen Jüngling entdecken, den kleinen Diener des jungen Mannes, der sich energielos, in seiner Traurigkeit gefangen, aufzugeben scheint. Der junge Mann blickt auf für die Lebenden unsichtbare Orte, entfernt von dem Leben, das um ihn herum pulsiert, jedoch nicht mehr Teil von ihm ist − so wie der kleine Vogel in seiner Hand.
Er beobachtet die Stille um sich herum. Die zarten Formen der Körper, die lebendige Eleganz des in Falten liegenden Stoffes, die Anwesenheit des kleinen Sklaven und der Haustiere werden zu wertvollen Symbolen einer undurchdringlichen, stummen Ordnung des menschlichen Schicksals.
Das Relief ist zweifellos das Werk eines großen Meisters, vielleicht einer von denen, die unter der Leitung von Phidias am Fries des Parthenon gearbeitet haben. Einige Experten glauben, dass es Agorakritus, einer der besten Schüler des Phidias, gewesen sein könnte.
In diesem Raum erwarten Sie äußerst bewegende Grabstelen, Marmorplatten, die den Moment des Abschieds des Verstorbenen darstellen; in den nächsten Räumen finden Sie noch weitere.
Im Gegensatz zu den älteren Stelen, die höher und schmaler waren, sind die Grabstelen der Klassik, wie die des großen Bildhauers Phidias, größer, manchmal sogar in Form eines kleinen Tempels, und beherbergten mehrere Figuren, zwischen denen sich ein stiller, intensiver Dialog entwickelte. So entstand eine neue von Phidias auf der Akropolis erstmals angewandte Ausdrucksform.
Und noch eine Kuriosität: Wie Sie gesehen haben, hatten die Griechen eine innige Beziehung zu ihren Haustieren. Dafür können Sie auf den verschiedenen Stelen viele berührende Beispiele finden. Eine der eigenwilligsten ist die des Orchomenos, der seinen Hund mit einer Heuschrecke füttert.