Sie müssen wissen, dass der Louvre drei Werke von Caravaggio beherbergt: das erste, aus den frühen Zeiten stammende Gemälde Die Wahrsagerin, mit der Zigeunerin, die dem Edelmann die Hand liest, das zweite, das Porträt von Alof de Wignacourt, dem Großmeister des Malteserordens in Begleitung eines Knappen, und das dritte, von dem ich Ihnen jetzt erzählen werde, ist das Meisterwerk Tod der Jungfrau Maria aus dem Jahr 1605. Dies war das letzte Altarbild, das Caravaggio in Rom malte, bevor er nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung, bei der ein Mann getötet wurde, aus Rom floh.
Der Maler bezieht Sie in die Trauer um Maria auf dem Sterbebett, die von Aposteln und Maria Magdalena umgeben ist, auf tiefgreifende Weise mit ein: eine Szene von würdiger Armut, inmitten von bescheidenen, doch gleichzeitig gefühlvollen Menschen. Die Trübseligkeit wird durch den roten Vorhang im oberen Abschnitt, der einem offenen Bühnenvorhang ähnlich ist, noch deutlicher und intensiver herausgestellt. Die dramatische Anspannung wird mit einer außergewöhnlichen Ansammlung von Mitteln erreicht. Die Gestalten werden durch das Licht, das die Figuren formt und die Apostel und das Antlitz der Jungfrau aus dem Schatten hervorragen lässt, auf ausgesprochen dramatische Weise in den Vordergrund gerückt.
Sie werden es nicht glauben, doch dieses so ergreifende Meisterwerk erregte seinerzeit großes Aufsehen! Es war das Gerücht im Umlauf, dass sich Caravaggio bei der fahlen, geschwollenen und mit entblößten Fersen dargestellten Figur der Jungfrau an dem Leichnam von Lena, eine im Tiber ertrunkene Prostituierte und Geliebte und Modell des Malers, inspiriert haben soll. Caravaggio gilt heute als bedeutendster Erneuerer der religiösen Malerei des 17. Jahrhunderts, da er die alltägliche Dimension in all ihren einfachsten Aspekten in die heiligen Darstellungen einfügte. Doch die Ironie des Schicksals wollte, das die Kanoniker von Santa Maria della Scala, der Kirche, für die das Gemälde bestimmt war, gerade aus diesem Grund das Kunstwerk empört zurückwiesen. Die Ordensbrüder verstanden nicht, welch überwältigende Menschlichkeit in diesem Leichnam einer jungen, ertrunkenen Frau mit entblößten und geschwollenen Beinen lag. Auf Rat von Rubens wurde das Gemälde später von der Familie Gonzaga erworben, ging dann in den Besitz von König Karl von England über und wurde schließlich nach Frankreich verlegt.
KURIOSITÄTEN: Diesen drei Gemälden von Caravaggio im Louvre könnte heute ein viertes hinzugefügt werden, da ein Hausbesitzer im Süden Frankreichs ein Leinwandgemälde auf seinem Dachboden entdeckt hat, das den Namen Judith und Holofernes trägt und vermutlich ein authentisches Werk des großen Meisters darstellt. Die französische Regierung hat den Export des Gemäldes verboten, doch wenn sie es den Sammlungen des Louvre hinzufügen möchte, dann muss sie 100 Millionen Euro herausrücken!