Das dreieinhalb Meter hohe und fast acht Meter lange Fresko vor Ihnen ist eines der berühmtesten Kunstwerke der Welt. Es wird weltweit als das große „Manifest“ der Kunst gegen alle Kriege und Gewalt betrachtet. Der Maler stiftete Guernica an den spanischen Staat, aber es wurde erst nach dem Tod des Diktators Francisco Franco Mitte der Siebzigerjahre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie können sehen, wie der Hintergrund der großen weißen Wand, die kommunikative Kraft der Botschaft und die dramatische Intensität der Komposition noch betont: Man kann sagen, dass das gesamte Reina-Sofia-Museum um Guernica herum entworfen wurde. Das Gemälde hat seinen Namen nach der Stadt, der ehemaligen Hauptstadt des Baskenlandes, die während des spanischen Bürgerkrieges in den Dreißigerjahren von der deutschen Armee bombardiert wurde. Die Entstehung des Freskos wurde in zahlreichen Fotografien von Dora Maar dokumentiert, einer Gefährtin von Picasso, die selbst eine große Künstlerin war. Vergessen Sie nicht, sich diese Bilder anzusehen, die dem Gemälde gegenüber ausgestellt sind, denn dadurch können Sie beinahe live die Schaffung eines Meisterwerks miterleben.
Sie müssen wissen, dass Picasso, im Gegensatz zu vielen seiner Künstlerkollegen, kein Interesse an der Politik oder internationalen Angelegenheiten zeigte. Als in den Dreißigerjahren der spanische Bürgerkrieg ausbrach, stellte er sich jedoch entschieden auf die Seite der Republikaner und beteiligte sich an der Propaganda gegen Francisco Franco.
Deshalb bat die spanische republikanische Regierung im Exil den Künstler im Januar 1937, ein Wandbild für den spanischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung zu schaffen. Am 26. April, während der Künstler noch an den ersten Vorentwürfen arbeitete, bombardierten die deutschen Verbündeten von Francisco Franco Guernica. Diese militärische Maßnahme wird heute als die „Generalprobe“ der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs angesehen.
Picasso war entsetzt und veränderte radikal den Ansatz des Gemäldes: Guernica entstand in wenigen, hektischen Wochen. Über die Auswirkungen der Bombardierung standen dem Künstler nur ein paar verschwommene Fotos zur Verfügung: Das Werk sollte nicht nur eine Darstellung einer Nachrichtenmeldung sein, sondern eine Anklage gegen Krieg und Gewalt gegenüber Unschuldigen.
NEBENBEI: Guernica wurde auf einem Wandteppich beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen reproduziert. Vermutlich haben Sie ihn schon bei Pressekonferenzen im Fernsehen im Hintergrund gesehen.